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Zum Gedenken an Hans Morr

US Westwalldurchbruch bei Ludwigswinkel 

Hintergrund

Nach der alliierten Landung der Alliierten in der Normandie wurden die deutschen Truppen relativ schnell nach Osten in Richtung Deutsches Reich getrieben. Im Dezember 1944 war die Deutsche Grenze erstmals erreicht. Durch die deutsche Ardennenoffensive (16.12.10944 bis 21.01.1945) und die kurze Rückeroberung der nördlichen Elsass- und Lothringenregionen im Rahmen des Unternehmens Nordwind (31.12.1944 bis 25.01.1945) mußten die Amerikaner sich wieder zurückziehen.

Der zweite Vormarsch vor die Reichsgrenze erfolgte dann im März 1945.

Dem Abschnitt um Ludwigswinkel waren Teile der 42. US Infantriedivision zugeteilt. Ihre Aufgabe war die Überwindung des hiesigen Westwallabschnitts und dann der weitere Vorstoß ins Reich.

Die Truppe kam von Südosten, durchschritt die Nordvogesen etwa zwischsen Egelshardt und Phillipsburg, und kam im März 1945 an die deutsche Grenze.

Die deutsche Heeresleitung hatte die Fischbachstellung durch Teile der 36. Volksgrenadier-division besetzen lassen. Diese Truppe bestand überwiegend aus sehr jungen uns alten Männern, welche schlecht ausgebildet und mangelhaft bewaffnet waren. Schweres Material war absolute Mangelware. Auch Kampferfahrung war bei den Volksgrenadieren nicht ausreichend vorhanden.

 

Wie üblich hatte die US Luftaufklärung vor dem Vormarsch ihrer Truppen von allen relevanten Bereichen sehr gute Luftbilder aufgenommen (Bild 1). Über die deutschen Stellungen und Truppenstärken war mach auch dank Spahtrupptätigkeiten gut unterrichtet.

Auf dem Foto ist der Standort der Brücken 2 bis 4 (rote Zahl und Pfeil), sowie der Verlauf der Fischbachstellung (gelb) und des Biwak Platzes der Panzertruppe Stuter (rote Fläche) nachträglich eingetragen.

Bild 1. US Luftbild von Ludwigswinkel. Aufgenommen am 17.12.1944 (Quelle D. Wingert).
Bild 2. US Infanterie auf kurz vor der Reichsgrenze in Obersteinbach (F) (Quelle 42. US ID)
Bild 3. US Infanterie beim Vormarsch bei der französisch-deutschen Grenze (Quelle D. Wingert)

 

Präsenz der US Truppen bei Ludwigswinkel

Aus dem Kartenmaterial der 42. ID geht hervor, dass die 117th Cavalry Reconnaissance Squadron, eine Aufklärunseinheit, in der Nacht vom 18. auf den 19. März 1945 nur etwa 750 Meter südwestlich der Ludwigswinkler Kirche übernachteten. Im Folgenden sollen Spuren dieser Truppenpräsenz gezeigt werden.

Bei dem Gebiet handelt es sich um die Fläche unter dem roten Punkt links unten in der folgenden Karte (Bild 4).

Bild 4. Vorstoß der US Truppen in Richtung Dahn

 

Anmarsch

Die Truppe kam am 18.03.1945 von Südwesten auf dem Forstweg vom Weiler Bremendell (F).  Etwa 500 Meter von der damaligen Ortsgrenze entfernt richteten sie ihr Nachtlager ein. An dieser Stelle sind heute noch Schlafmulden (Sleepy hollows) der einzelnen Soldaten im Waldboden erhalten.

Bild 5. Die Biwakplätze der Amis westlich von Ludwigswinkel vom 18. auf den 19.03.1945

Legende zu obigem Bild 5

Grüne Linie = Anmarschweg

Rote Flächen = Biwakflächen

Weiße Zahlen = Anzahl der nachgewiesenen Schlafmulden

 

Auf drei getrennten Flächen wurden insgesamt 87 Mulden gezählt. Sie haben die Abmessung von etwa 2 Meter Länge, 1 Meter Breite und 0,5 Meter Tiefe. Aufgrund ihrer Konzentration und der gemachten Funde können die Stellen zweifelsfrei als künstlich angelegte "Schlafmulden" angesprochen werden. Durch neuzeitlichen Wegebau und Zerstörung durch schwere Forstfahrzeuge wurden sicherlich weitere, ehemals vorhandene Gruben unkenntlich gemacht.

Bild 6. Eine der Erdmulden

 

Zweck der Mulden

Es ist schwerlich vorstellbar, dass sich die Soldaten im kalten und nassen Monat März zum Übernachten freiwillig Gruben im Wald gegraben haben. Zumal der geräumte Ort Ludwigswinkel nur 750 Meter östlich der Stelle lag und über intakte Gebäude verfügte. Demnach rechneten die Truppen mit feindlichen Beschuß bei der Übernachtung in Ludwigswinkel.

Jeder Mann schaufelte sich daher laut Dienstvorschrift bei Übernachtungen im Freien und in Feindnähe seine eigene Mulde. Er belegte dann deren Boden mit einer wasserdichten Plane oder mit seinem Regenponcho. Anschließend legte er seinen Schlafsack in die Vertiefung, schlüpfte hinein und deckte sich mit den überstehenden Planenseiten gänzlich zu. Hierdurch war der gesamte, liegende Körper unter der Erdoberfläche und damit vor horizontal umherfliegenden Granatsplittern bei Artilleriebeschuß einigermaßen geschützt.

 

Die Folgenden Bilder zeigen heute einige der noch sichtbaren Übenachtungsgruben (Sleepy Hollows) im Wald bei Ludwigswinkel.

 

Funde

Dass es sich bei den Biwak Stellen tatsächlich um die der US Truppen handelt, wird durch die vor Ort gemachten Funde belegt. In der Haupsache handelt es sich hierbei um Blechdosenreste. Die Wandungen der Dosen waren in den Jahrzehnten verrottet und nicht mehr vorhanden. Es haben sich überwiegend die Bundverdickungen der Einrollstellen erhalten. Die Metallteile lagen wenige cm tief im Waldboden. Einige auch zwischen dem gewachsenen Boden und der Erde des Aushubs. Daher ist anzunehmen, dass ein Teil der Mannschaft unmittelbar nach Ankunft vor Ort die Dosenrationen zu sich genommen hat. Andere Männer haben erst ihre Übernachtungsmulden gegraben und dann ihre Mahlzeit zu sich genommen.

 

Der Fund rauchfreier Kohle (Pos. 7 im folgenden Bild) zeigt, dass man vor Ort Feuer gemacht hat um sich zu wärmen und um Speisen zu erhitzen.

 

Der Fund von drei nicht abgeschossenen US Garand 30/06 Gewehrpatronen (Pos. 2 auf folgendem Foto) ist ein weiterer Beleg für die Präsenz der US-Truppen. Alle 3 Patronen wurden auf einer Stelle im mittleren Biwak Areal gefunden.

Die im Umfeld aufgelesenen Granatsplitter, ein Fragment eines Granaten Führungsbandes und ein Stacheldrahtstück können von den hier zwischen den Jahren 1922 bis 1930 übenden französischen Truppen stammen. 

Noch ist nicht geklärt, um was es sich bei dem Aluzylinder von ca. 100 mm Länge und 25 mm Außendurchmesser handelt (Pos. 6 auf folgendem Bild 7).

 

Bild 7. Bodenfunde

Legende zu obigem Bild

1 = Fragment von Metallring oder Kettenglied

2 = Garand Gewehrpatronen 30/06 (am 28.01.2025 an Polizeidienststelle Dahn übergeben)

3 = Aludeckel von Dose / Buchse

4 = Fragmente von Blechbüchsen (Einrollbund)

5 = Fragment von Granaten-Führungsband

6 = Aluzylinder unbekannter Zweckbestimmung (ev. kleine Wasserpumpe, Hand-Wasserfilter)

7 = Rauchfreie Kohle

8 = Granatsplitter

9 = Stacheldraht

 

Bild 8 Gewehrpatronen

 

Die Bodenstempel der Patronen:

 

R A 43 = Remington Arms 1943

 

Der Stempel der dritten Hülse ist unbekannt.

 

 

Fast um jede Übernachtungsmulde fanden sich geleerte Alubeutel von Einmalportionen für Vitamin-C Pulver und Instant-Kaffee, welche den Verpflegungsrationen der Truppe beigegeben waren. Man benötigte für die finale Zubereitung in beiden Fällen noch Trinkwasser.

Bild 9. Verpackung von Einmalportionen Vitamin C Getränk und Kaffepulver

Der Ludwigswinkeler Heimatforscher Daniel Wingert fand zu einem früheren Zeitpunkt im beschriebenen Areal eine Schaufel mit abgebrochenem Stiel. Das Grabgerät hat am Schaft die Prägung Heat Treated USA I 14. Auch hier ein weiterer Beleg für die Anwesenheit der Amerikaner.

 

Bild 10. Aufgefundene Schaufel mit Schaftprägung
Bild 11. Weitere Funde von Daniel Wingert

 

Weiterer Verlauf

Die Amerikaner fanden nördlich von Ludwigswinkel zwei kleinere Brücken über den im Tal fließenden Saarbach, welche unzerstört waren. Allerdings wurden diese aus angrenzenden Bunkern der Fischbachstellung verteidigt, so dass ein Überqueren für den US Tross nicht möglich war. Ein Angriff mit dem Ziel der Brückeneinnahme (wahrscheinlich Brücke 1 in Bild 12) durch zwei Infanterie Kompanien und einen Pionierzug scheiterte. Die Amis hatten hierbei Todesopfer zu beklagen, denn während des Kampfes sprengten die Deutschen die Brücke mittels vorbereiteter Ladung.

Daraufhin beschlossen die Amerikaner die Sicherungsbunker der zweiten Brücke durch Artilleriebeschuß und Jabo Bomben auszuschalten. Dadurch gelang ihnen der Saarbach Übergang über die noch intakte Brücke. Denn von der deutschen Seite kam keine Gegenwehr mehr. Die Soldaten hatten sich zwischenzeitlich nach Norden zurückgezogen. Die Fischbachstellung wurde aufgegeben. 

Die rund drei Kilometer weiter nördlich liegende, zweite Westwalllinie konnte ohne Verluste passiert werden. Die deutschen Bunker und Stellungen wurden nicht mehr verteidigt.

Der im Jahr 1940 desarmierte Westwall hat beim Vorstoß der Alliierten hier keine Rolle gespielt.hier

Die ausgemergelten Wehrmachtstruppen hatten sich zum Rhein nach Germersheim hinin Marsch gesetzt um mittels der letzten intakten Rheinbrücke auf die gegenüber liegende Rheinseite zu geangen. Ansonsten wären sie von den schnell vorrückenden Amerikanern eingeholt worden und Gefangen genommen worden.

 

Überlegung zu den Saarbrücken

Im relevanten Bereich Bereich vor der Fischbachstellung existierten und existieren vier Übergänge über den Saarbach. Der Bach ist nicht sonderlich breit und tief. Selbst im März 1945 dürfte das Problem für die Amis nicht der Bach als solcher gewesen sein, sondern die sumpfige Talaue.

Bei den Brücken kommen folgende in Frage:

 

1 = Wegebrücke beim Saarbacher Hammer

2 = Dammbrücke der ehem. Wasgenwaldbahn

3 = Holzbrücke zw. Camp de Ludwigswinkel und Reisler Forsthaus

4 = Wegebrücke zw. Reislerhof

 

Im folgenden Bild sind die Brücken 1 bis 4 in ein einem Google Maps Luftbild eingezeichnet. Die blaue, durchgezogene Linie stellt den zu übershreitenden Saarbach dar. Die Bunker der Fischbachstellung sind als rot gefüllte Pyramidenstümpfe mit weisem Rand eingetragen.

Die Bunker, welche direkt auf die jeweiligen Brücken wirkten haben eine gelbe Umrandung. Deren gelber Pfeil weist in deren Waffen-Wirkrichtung. 

Bild 12. Die Brückensituation mit Bunkern in heutigen Luftbild

 

Brücke 1

Aus heutiger Sicht war die Brücke 1 am stärksten mit Feuer zu bestreichen. Im Bild 12 oben von links nach rechts hatten die Bunker

WH 723 (Doppel-Maschinengewehrstand)

WH 724 (MG-Stand)

WH 725 (PAK-Stand)

WH 726 (Doppel-MG-Stand)

WH 727 (Bunker mit Sechsschartenturm)

die Brücke im Schußfeld. Wären alle Bunker besetzt und mit ausrechend Munition versorgt gewesen wäre ein Durchkommen für die Amis an dieser Stelle am unwahrscheinlichsten. Zumal die PAK auch leicht gepanzerte Fahrzeuge aufgehalten hätte.

 

 Brücke 2

Die Brücke 2 war zwar deutlich weniger stark durch Bunker gesichert, allerdings lag zwischen der Brücke und der Zielstraße ein freies Schußfeld von 320 Metern und der Weg war erhöht und parallel dem Damm der ehemaligen Wasgenwaldbahn angelegt. Bei den Bunkern handelte es sich um zwei MG-Stände (WH 374 und WH 379). Das Passieren für US-Infanterie wäre hier auf ein "Truthahnschießen" hinausgelaufen.

 

 

Brücke 3

Die Brücke bestand zur damaligen Zeit aus Holz. Die Tragfähigkeit für leichte Fahrzeuge war sicherlich gegeben. Da das Bauwerk zur Nutzungszeit des CdL erstellt wurde und 1945 mehr als 10 Jahre alt war, dürfte der witterungsbedingte Zustand der Brücke nicht mehr der Beste gewesen sein.

Verteidigt wurden das Bauwerk durch durch drei MG-Stände (WH 371, WH 386 und WH 387). Die drei Bunker waren etws 200 Meter nordwestlich des nördlichen Brückenkopfs positioniert und feuerten in die westliche Brückenflanke.

Wahrscheinlich war die hölzerne Brücke aufgrund ihres Alters schon etwas morsch und deshalb nur für Infanterie passierbar. Sie wurde von den Amis daher für den Saarbachquerung wohl nicht in Erwägung gezogen.

 

 

Brücke 4

Auch die westlichste Brücke verband den ausserhalb Ludwigswinkel gelegenen Reislerhof mit der Zielstraße der Amerikaner.Die Brücke konnte von den beiden MG Bunkern WH 371 und WH 389 mit Feuer belegt werden. Feindbeschuß aus verbunkertem PAK Stand war hier nicht vorgesehen. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Brücke beim Eintreffen der US-Truppen von den Deutschen schon gesprengt war und daher für das Passieren von schwerem Kriegsgerät nicht mehr in Frage kam. Sie dürfte an ihrer Stelle außerhald der Ortslage für den Rückzug der Wehrmacht nicht von Nutzen gewesen sein.

 

Welche Brücke wurde zur Saarquerung genutzt ?

Um letzendlich zu klären um welche Brücken es hier gingsoll die US Vormarschkarte von damals betrachten. 

Wesentlich ist die braune Punktlinie.Sie beschreibt den weiteren Weg der Task Force Stuter. Einer mit Panzern ausgerüsteten Einheit. Für die schweren Fahrzeuge war die Holzbrücke 3 nicht geeignet. Die Brücke 4 wurde vor dem Erscheinen der Amis von den Deutschen wahrscheinlich schon gesprengt. Der im US-Divisionsbericht geschilderte Kampf kann demnach nur um die Brücke 1 statt gefunden haben. Durch deren Sprengung im Verlauf der Kämpfe kamen dann mehrere US Soldaten ums Leben. Bei den in der US Karte (Bild 13) eingetragenen, weiteren Talquerungen (zwei blaue Linien und die braune Linie rechts) nach Norden ins Reich handelte es sich höchst wahrscheinlich nur um Talquerungen von nachgezogener Infanterie, wofür nicht zwingend eine Brücke erforderlich war.

 

Wie der damalige Übergang im Detail vonstatten ging wird sich nicht mehr klären lassen. Für die Amerikaner war es ein eher unwichtiges Ereignis auf ihrem weiteren Siegeszug in den Süden des Reichs.

Bild 13. Ausschnitt der US Vormarschkarte

 

Quellen

@ Kriegstagebuch der 42. US Infanterie Division

@ Daniel Wingert

@ Bernd Nommsen

@ J. W. Schiel - Kriegsende im Wasgau - Der Kampf um die Fischbachstellung

@ Pierre Lindauer / Neunhoffen (F)

Stand Januar 2025

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© Hans-Günther und Jürgen Morr