Heute wissen nur noch wenige Personen, dass sich östlich des Pforzheimer Stadtteils Huchenfeld zwischen 1930 und 1953 ein etwa 800 Meter x 800 Meter großer Feldflugplatz mit zeitweise drei Start- und Landebahnen befand.
Lage
Der Fluglatz lag auf der unbewaldeten Hochfläche zwischen den Orten Huchenfeld und Würm. Der Aussiedlerhof "Lohwiesenhof", welcher in der Betriebszeit des Flugplatzes noch nicht an dieser Stelle stand, befindet sich etwa am westlichen Rand der Anlage.
GPS-Koordinaten / Höhe üNN.
N48° 51.368' E8° 42.527' / 405 m (Lohwiesenhof)
Legende zum nachfolgenden Bild
Gelb ausgefüllt = Ausdehnung des Ortes Huchenfeld um 1945
1 = Altes Schulhaus (Kommandantur)
2 = Start- / Landebahn West
3 = Start- / Landebahn Nord
4 = Start- / Landebahn Süd
5 = Getarnte Splitterschutzboxen
6 = Treibstofflager
7 = Neuzeitlicher Lohwiesenhof
Geschichte des Flugplatzes
Die Wiesen- und Ackergewanne östlich von Huchenfeld waren ein verhältnismäßig flaches und nur sehr spärlich mit Obstbäumen und Büschen bestandenes Gelände. Dem in Pforzheim beheimateten Flugsportclub erschien dieses Gelände daher als idealer Standort für einen Flugplatz. In einem Schreiben an das Bürgermeisteramt Huchenfeld, am 19. September 1925, bat der Verein um die Erlaubnis, dort einen Flugtag abhalten zu dürfen. Dem wurde allem Anschein jedoch nicht gleich entspochen, denn erst am 25. Mai 1930 kam es auf dem besagten Wiesengelände unter Leitung des Flugsportclubs Pforzheim zu einem Flugtag mit Volksfestcharakter.
Im Juli 1933 veranstaltete die "Südwestdeutsche Sportfliegervereinigung Gießen" auf in Huchenfeld eine Flugwerbewoche. Huchenfelder Bürger hatten dabei Gelegenheit, an Rundflügen mit einem einmotorigen Junkers Sportflugzeug teilzunehmen.
Der Landesplanungreferent des "Reichsstadthalters in Baden" teilte am 13. Oktober 1936 dem Bürgermeisteramt Huchenfeld in einem streng vertraulichen Schreiben mit, dass das "Luftgaukommando VII" ein Interesse daran habe, den Flugplatz in Huchenfeld als Notlandeplatz zu nutzen. Das Gelände sollte nicht bebaut oder bepflanzt werden. Bereits im Mai 1937 wurde das Fluggelände von einem Flugzeug als Notlandeplatz genutzt. Bei dessen Startversuch streifte die Maschine zwei Obstbäume und stürtze danach ab.
Das Interesse des Militärs an dem Hochplateau machte sich in der Folgezeit immer stärker bemerkbar. Grund hierfür war der sich abzeichnende Krieg und die damit einher gehende Aufrüstung des Deutschen Reichs. 1938 pachtete der Staat das Gelände, es wurde der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen und bis 1940 als Militärflugplatz ausgebaut. Obstbäume wurden gefällt, das Gelände trocken gelegt und planiert. Der Verbindungsweg zwischen Huchenfeld und Würm wurde als Strasse ausgebaut, eine hölzerne Flugzeug-Montagehalle, eine Tankstelle und ein Materialschuppen wurden errichtet. Zu Beginn des Frankreichfeldzugs im Mai 1940 war die "Rollbahn Süd" fertig gestellt. In der Regel handelte es sich bei den "Rollbahnen" um entwässerte und geebnete Pisten, welche nach Abschluß der Erdarbeiten wieder mit Gras eingesät wurden. Alle anderen Befestigungsmaßnahmen hätten den Flugplatz als solchen für die gegnerische Luftaufklärung sofort kenntlich gemacht. Auch alle anderen Anlagen und Gebäude wurden gegen Luftaufklärung getarnt. Das Kurzhalten der Wiesen und Rollbahnflächen erfolgte durch Beweidung mittels Schafen oder Michvieh. Das Abstellen, Versorgen und Aufmunitionieren der gelandeten Maschinen erfolgte im südöstlichen Flugplatzbereich in Waldrandnähe. Diese Flächen sind heute überwiegend mit Obstgehölzen bestanden. Außerdem befanden sich im Wald östlich der Anlage mindestens sieben Splitterschutzbuchten (s. Punkt 5 weiter unten) zum beschußsicheren Einstellen von Flugzeugen.
Die mit den Baumaßnahmen betrauten ca. 50 polnischen Zwangsarbeiter waren in Holzbaracken beim Wasserreservoir in der Reichenbacher Strasse untergebracht.
Nach dem siegreichen Frankreichfeldzug wurde das Gelände mit der Auflage den früheren Eigentümern zurück gegeben, weiterhin die uneingeschränkte Anfliegbarkeit des Platzes zu gewährleisten. Wobei das Areal wieder landwirtschaftlich genutzt werden konnte.
Nach der Alliierten Landung in der Normandie, am 06. Juni 1944, rückte dar Flugplatz wieder in den Fokus der deutschen Militärs. Vom Herbst 1944 bis April 1945 setzte die Organisation Todt italienische und russische Kriegsgefangenen für Ausbau- und Erweiterungsarbeiten des Flugplatzes ein. Unter anderem wurde die "Rollbahn Süd" instand gesetzt und der Neubau der "Rollbahn Nord" begonnen. Für die Abwehr von Tieffliegern wurden zwei Stück 2 cm Vierlingsflak-Geschütze installiert. Eines dieser Geschütze befand sich in der Gewann "Hart". In dieser Zeit wurden auch die Splitterschutzbuchten für die Jagdflugzeuge errichtet. Auf dem Flugplatz sollen zeitweise bis zu 27 Jagdflugzeuge des Typs Messerschmitt Me109 stationiert worden sein. Im Mittel dürften es jedoch nicht mehr als 10 Maschinen gewesen sein.
Von Ende Oktober 1944 bis Ende März 1945 lag die 6. Staffel des II/JG 53 in Huchenfeld. Staffelkapitän und Platzkommandant war Leutnant Hans Harms. Die Einheit gehörte zum Jagdgeschwader 53 "Pik Ass" deren berühmtestes Mitglied Werner Mölders war.
Einsätze der Staffel erfolgten im Raum Vogesen bis an den Main bei Aschaffenburg.
Belegt ist der Abturz des JG53-Piloten Gef. Adolf Meermann mit seiner Me109, der gelben 8. Er wurde am 26. Dezember 1944 bei Wimsheim, nur 10 km östlich des Flugplatzes Huchenfeld, im Luftkampf mit alliierten Jägern abgeschossen und verstarb erst 19-jährig.
Am 1. Februar 1945 griffen amerikanische Thunderbolt Jadgdmaschinen die Liegeplätze der deutschen Jäger an. Hierdurch waren 5 Tote zu beklagen. Der Angriff führte wiederum zu Luftkämpfen zwischen deutschen Jägern und amerikanischen Mustang P51 und Thunderbolt P47 Jagdflugzeugen in der Gegend zwischen Pforzheim und Bretten.
Durch persönlichen Kontakt mit dem Jägerpiloten Kurt Setzinger von Holnstein ist auch ein Luftangriff auf den amerikanischen Brückenkopf bei Gernsheim am 25./26. März 1945 belegt (klick).
Bei dem verheerenden nächtlichen Bombenangriff auf Pforzheim, am 23. Februar 1945, blieben die Jagdflugzeuge am Boden. Die Piloten waren nicht für den Nachtflug ausgebildet, die Maschinen hierfür nicht ausgerüstet und es stand auch nicht mehr ausreichend Flugbenzin zur Verfügung.
Die 6. Staffel des II/JG 53 zog sich am 28. März 1945 vor den herannahenden Alliierten auf den Fliegerhorst Malmsheim (Renningen) zurück. Zusammen mit dem JG 53 wurde die Staffel am 30. April in Schongau aufgelöst.
Die Kommandatur des Flugplatzes war im alten Schulhaus in Huchenfeld untergebracht. Das fliegende Personal hatte seine Quartiere in Hohenwart. Bis zu 400 Soldaten waren auf die unterschiedlichsten Unterkünfte in Huchenfeld und Hohenwart verteilt. Hierfür gab es auch eigens errichtete Baracken in der Nähe des heutigen "Forststräßle". Das Haus Wilhelmstrasse fungierte als Offizierscasino.
Nach Kriegsende ging das Gelände stillschweigend wieder an die alten Eigentümer zurück, die es fortan als Ackerland bestellten. In dem Jahren 1952/53 nutzte der Flugsportclub Pforzheim die Wiesen im Gewann "Reutbusch" und "In der Gründ" vorübergehend nochmals als Segelflugplatz. Die Grundstückseigentümer wollten jedoch das Areal anderweitig nutzen. In der Folgezeit entstand dort das Industriegebiet von Huchenfeld.
Beschreibung der Anlagen
Da der Flugplatz Huchenfeld nur als untergeordneter Feldflugplatz ausgebaut war und in der Nachkriegszeit nicht mehr genutzt wurde sind nur noch sehr geringe Reste erhalten.
Die Nummerierung der fogenden Abschnitte deckt sich mit der Nummerierung in Abbildung 1 weiter oben.
1. Kommandantur
Diese war im (alten) Schulhaus von Huchenfeld untergebracht. Das Gebäude existiert heute baulich unverändert
2. Startbahn West
Von der etwa 500 Meter langen und 5 Meter breiten Startbahn West ist heute nichts mehr zu sehen. Wie die anderen Rollbahnen war auch diese nur mit Schottern befestigt. Der heute geteerte Weg "Im Reuthbusch" folgt jedoch exakt deren Verlauf.
3. und 4. Startbahn Nord und Startbahn Süd
Von diesen beiden Start- und Landebahnen ist heute nichts mehr zu sehen. Die Fläche der Startbahn Nord wird landwirtschaftlich genutzt. Auf ihrem nördlichen Ende befindet sich heute ein Bundeswehr-Depot.
Am östlichen Ende der Startbahn Süd schloß sich ein mit Schotter befestigter Weg an. Über diesen erreichten die Flugzeuge nach ca. 300 Metern die seitlich gegen Beschuss gesicherten Abstellplätze (siehe Punkt 5.)
5. Splitterschutzboxen
Östlich der Flugfelder, im Gewann "Binsenwald", habe sich in einer Reihe parallel zum Forstweg die Überreste von sieben z.T. stark verschliffenen Spitterschutzboxen erhalten. In diesen U-förmigen, holzverschalten und aussen wallförmig mit Erde angefüllten Boxen wurden die Flugzeuge zum Schutz vor Beschuß und Bomben- bzw. Granatsplittern bis zum nächsten Einsatz abgestellt. Die Boxen wurden dann noch mit Tarnnetzen überspannt um vor der gegnerischen Luftaufklärung geschützt zu sein.
Die heute bewachsenen, unscheinbaren Wälle der Splitterschutzbuchten kann man am besten ausserhalb der Vegetationszeit erkennen. Auf den nachfolgenden Bildern sind die Wallreste durch einen roten Layer hervorgehoben.
6. Kraftstofflager
Von dem Treibstofflager sind nur noch unscheinbare Vertiefungen im Waldboden zu erkennen. In diesen lagen die Kraftstofftanks für das Flugbenzin.
Flugplatzweg
In Huchenfeld erinnert seit 1995 der "Flugplatzweg" an den ehemaligen Feldflugplatz.
Leider konnte der exakte Standort der beiden 2 cm Flak-Geschütze, der Flugzeug-Wartungshalle und des Materiallagers bis dato nicht geklärt werden. Für entsprechende Hinweise ist der Verfasser dankbar !
Quellen
Erwin Möll - Huchenfeld - Von den Ursprüngen bis in die Gegenwart
Kurt Setzinger von Holnstein
Hagen Franke - Militär in Pforzheim
Stadtarchiv Pforzheim
Wikipedia