Im Folgenden beschreibe ich den etwa 20 km langen Abschnitt der Maginot Linie bzw. deren Anlagen im Nordelsass, wie sie heute (2023) zwischen den Städtchen Bitsch und Lembach noch existieren.
Ich gehe hierbei nicht auf die am Anfang und Ende dieser Strecke befindlichen Artillerie-Großwerke Groß Hohekrikel (östlich Bitsch gelegen) und Four à Chaux (Werk Kalkofen bei Lembach) ein. Ersteres liegt auf nicht zugänglichem Militärgelände und Letzteres kann im Rahmen einer Führung von jedermann besichtigt werden.
Der hier besprochene Abschnitt befindet sich in der gelb hinterlegten Fläche
Der Erste Weltkrieg spielte sich hauptsächlich in Nordfrankreich ab. Nach Kriegsende 1918 waren die ehemaligen Kampfgebiete mit zerfetzten Menschenlaibern übersät, die Städte und Dörfer schrecklich verwüstet. Das Gelände war mit Kampfgasen kontaminiert und voller gefährlicher Munition. All dies sollte auf französichem Boden nie mehr geschehen.
Sicherlich war man sich auch bewußt, dass Deutschland die ihm im Vertrag von Versailles diktierten Lasten nicht langfristig kampflos hinnehmen würde. Und das man vom "Erzfeind" Frankreich die alten Reichslande Elsass und Lothringen wieder "heimholen" würde. So ist es dann ja auch geschehen.
Um sich vor künftigen Angriffen zu schützen zogen die verantwortlichen Politiker und Militärs daher zwei Möglichkeiten in Betracht:
1. Aufrüstung und Aufstellung eines mobilen und modernen Heeres, welches dem damals um 20 Millionen Einwohner größeren Deutschen Reich kampftechnisch überlegen ist.
2. Befestigung der nördlichen und östlichen Landesgrenze um Feinde (Deutschland und Italien) um Angriffe zu hindern bzw. diese zu verlangsamen um die nötigen Gegenmaßnahmen einleiten zu können.
Da man der Meinung war, dass die alten Festungsanlagen um den Verdun-Gürtel den deutschen Vormarsch im 1. Weltkrieg gestoppt haben und neue, moderne Festungen hierzu auch künftig in der Lage sein werden, entschied man sich für die Befestigung der Landesgrenze. Sprich zum Bau der Maginot Linie.
Ihren Namen erhielt die Anlage vom damaligen französischen Verteidigungsminister Andè Maginot.
Man teilte nun die Nord-und Ostgrenze in 25 Festungsabschnitte ein. Begonnen wurde im Norden bei Dünkirchen. Dann folgte die Linie über 750 km Länge der Grenze zu Belgien, Luxemburg, Deutschland, Schweiz, Italien und endete in der Nähe von Nizza am Mittelmeer. Auf der zu Frankreich gehörenden Insel Korsika entstanden weitere Befestigungen. Insgesamt wurden über 5 Milliarden Franc verbaut. In der damaligen Zeit eine gewaltige Summe.
In den 1920er Jahren wurde geplant und von 1930 bis zur Kriegserklärung an Deutschland am 03.09.1939 und während des Sitzkriegs gebaut. Wobei nicht alle Abschnitte gleiche Befestigungsdichte und Stärke erhielten. Waldreiche Gebiete, zerklüftet mit Bergen und Tälern, wurden nur verhältnismäßig leicht befestigt. Dies sollte sich später als großer Fehler heraus stellen.
Nach dem für Frankreich gewonnenen Krieg wurden einzelne Werke wieder instand gesetzt und weiter unterhalten. Man war der Meinung, gegebenenfalls angreifende Ostblock-Streitkräfte aufhalten zu können, obwohl dies schon bei der Wehrmacht nicht funktioniert hat. Erst mit der atomaren Bedrohung erfolgte ein Umdenken. Teile der unterirdischen Bauten wurden nur noch als militärische Materiallager oder für den Luftschutz genutzt. Ab Mitte der 70-er Jahre wurden die Bauten der Maginot Linie zunehmend aufgelassen und sich selbst überlassen. Ab etwa Mitte der 80-er Jahre kümmerten sich ehrenamtliche Personen bzw. Vereine um den Erhalt einzelner Anlagen und bauten diese mit viel Enganement zu sehenswerten Museen aus.
Um es mit einem Wort zu sagen: Außer immense Kosten, nichts.
Die Deutschen Truppen suchten sich gezielt die am geringsten befestigten Stellen heraus und durchbrachen die Maginot Linie dort ohne große Probleme. Die Wehrmacht benötigte für den "Blitzkrieg" bis Paris lediglich nur 6 Wochen.
Ein Großteil der französichen Truppen saß währenddessen zur Untätigkeit verdammt hinter meterdicken Betonmauern und stand für Abwehrkämpfe nicht zur Verfügung.
Von der Planung der Maginot Linie bis zum 2. Weltkrieg vergingen knapp 20 Jahre. Für die Rüstungstechnik ein sehr langer Zeitraum. Zu Beginn des 1. Weltkrieges spielten Kampfflugzeuge noch keine Rolle. Am Ende des 2. Weltkriegs flogen Flugzeuge mit Strahltriebwerken über 1000 km/h schnell (Me 163) und Raketen erreichten den Weltraum (A4).
Die Maginot Linie war zu Planungsbeginn auf der Höhe ihrer Zeit. Bei Beginn des 2. Weltkrieges aber überholt bzw. nicht mehr zeitgemäß. So verfügte die Befestigungslinie über keine nennenswerte Luftabwehr und nur unzureichende Panzerbekämpfungsmittel. Die von den Deutschen zum Zerstören der Panzerkuppeln und Scharten verwendeten Hohlladungen kamen erstmals 1940 zur Anwendung (Fort Eben Emael).
Auch wenn von französischer Seite oftmals behauptet wird, dass die Großkampfwerke nicht direkt besiegt worden seien, sondern deren Besatzungen erst nach Aufforderung der französichen Generalität kapitulierten, handelt es sich hierbei um Schönreden. Denn die Wehrmacht hatte die Maginot Linie ohne größere Probleme durchbrochen. Gerade dies sollten die Großwerke verhindern. Die Einnahme von Großkampfwerken war von der Wehrmacht primär auch gar nicht beabsichtigt. Die hohen Menschenverluste beim Erkämpfen der Forts um Verdun waren bei allen noch in lebhafter Erinnerung.
Hätte Frankreich der Wehrmacht damals eine zeitgemäße, mobile und schlagkräftige Armee entgegen stellen können, wäre der 2. Weltkrieg sicherlich anders verlaufen.
Achtung Gefahr !
Anders als in Deutschland beim Westwall wurde bei der Maginot Linie das Meiste nicht beseitigt oder gesichert. Die kleineren Bunker sind oft frei zugänglich. Die in den Wäldern befindlichen Anlagen sind im Vorfeld oft noch mit den damaligen Infanterie Hindernissen versehen ("Schweineschwänze" und Stacheldraht). Besonders gefährlich sind die ca. 10 cm aus dem Waldboden ragenden Stahlspitzen. Wehe dem der auf eine Solche tritt oder gar durch am Boden liegenden Stacheldraht stolpert und darauf fällt. Hier ist mit schwersten Verletzungen zu rechnen.
Die Bunkeranlagen (Kasematten) verfügen über Tiefbrunnen. Die Schächte sind zum Teil mehrere Meter tief abgetäuft und heute ohne Abdeckung der Öffnung. Hierdurch besteht Absturzgefahr ! Selbst wenn man den Sturz dort hinein überleben sollte, alleine kommt man da nie mehr heraus !
Weitere Gefährdung besteht bei angesprengten Anlagen durch aus der Wand / Decke ragende, spitze Moniereisen und von der Decke herab hängende Betonfragmenten (Kopf anschlagen).
Das Begehen der Anlagen ist daher nie alleine durchzuführen. Festes Schuhwerk und eine Taschenlampe sind in jedem Fall erforderlich.
Achtung Lebensgefahr !
Die folgenden Bilder sind Beispiele für die im Wald um die Bunker und Stellungen herum häufig anzutreffenden Infanterie Hindernisse.
Quellen:
@ Pierre Lindauer Neunhoffen (F)
@ Museums Kasematte Neunhoffen
@ www.wikimaginot.eu