Bei der Burg Waldau handelt es sich um eine abgegangen, frühmittelalterliche Tiefburg im oberen Ulfenbachtal. Sie wird auch als Wasserburg angesprochen.
Lage
Die Reste der Kleinburg liegen unter dem Werksgelände der Fa. Coronet am süd-westlichen Ortsrand von Wahlen im Odenwald unter einer Wiese und einer Ladezone. Unmlittelbar östlich der Anlage fliesst der Ulfenbach, welcher auch schon zu Zeiten der Burg deren umlaufende Gräben mit Wasser füllte. Die Höhe des Areals über dem Meeresspiegel beträgt 359 Meter.
Koordinaten
N49 36.582 E8 51.217
Geschichte
Wie bei den meisten frühmittelalterlichen Kleinburgen des Odenwaldes liegen auch über die Burg Waldau keine aussagekräftigen Urkunden zum Erbauer der Anlage vor. Vermutlich zu Beginn des 12. Jahrhunderts errichtet, war sie als Lehen des Klosters Lorsch im Besitz einer Adelsfamilie von Waldau, welche im 13. Jahrhundert ausstarb. Berthold von Waldau wurde 1255 urkundlich genannt. Nach der Auflösung des Klosterbesitzes scheinen 1232 die Pfalzgrafen als Landesherren in den Besitz von Waldau gekommen sein. 1359 bewilligte Pfalzgraf Ruprecht den Verkauf von Waldau durch Hartmut v. Cronberg an Rudolf v. Beckingen. 1423 wurde die Burg letztmalig erwähnt und war damals wohl schon Ruine (1).
Erforschung
Ausgrabungen erfolgten in den Jahren 1890 und 1893 durch den Bezirksfeldwebel H. Gries aus Heppenheim.
Basis des heutigen Wissens über die Burg Waldau ist der Bericht des Birkenauer Zeitzeugens Rektors Johann Pfeifer, welcher in der Tageszeitung "Die Starkenburg" (Heppenheim) um 1930 abgedruckt und im Folgenden wieder gegeben wird:
Die Burg Waldau bei Wahlen i. Odw.
Von J. Pfeifer, Birkenau
Bei dem Dorfe Wahlen im Odenwalde befand sich inmitten des vom Ulfenbach durchflossenen breiten Wiesenrundes vor vielen Jahrhunderten eine Burg, die den Namen Waldau trug. Es war eine sogenannte Wasserburg, d.h. eine solche, deren hauptsächlicher Schutz nicht in steilen Felswänden und festen Ringmauern bestand, sondern in breiten und tiefen, mit Wasser gefüllten Wallgräben. Sie lag auf der früher der Gemeinde, jetzt dem hessischen Staat gehörenden „Großwiese“ (Flur VII), westlich des Ulfenbachs, dem unteren Ende des Dorfes gegenüber, wenige Schritte südlich eines dort des Tals durchquerenden Weges. Eine kaum bemerkbare Erhöhung des Geländes, sowie besonders vor der Heuernte am deutlichsten sichtbarer, schlechter Graswuchs deuten ihren heutigen Standort heute noch an. Während von der eigentlichen Burg keinerlei Reste mehr zu sehen sind, lassen sich die beiden Wallgräben, selbst von dem für solche Augen weniger geschärften Auge, ziemlich deutlich als zwei ringförmig mit zahlreichen Binsen bewachsenen, flache Vertiefungen erkennen. Leider wurden dort im Februar 1930 Meliorationsarbeiten vorgenommen und mit dem Grunde des inneren Burggeländes die Wallgräben zum Teil ausgefüllt. Es ist dieses Vorgehen durchaus bedauerlich, indem dadurch die Stätte der ehemaligen Burg zu erkennen sehr erschwert, ja vielleicht in kurzer Zeit gänzlich verwischt ist, zumal ja auch die bei der Ausgrabung zutage geförderten und an der Stelle der Burgkapelle aufgeschichteten Mauersteine längst verschwunden sind, und doch gerade die Wasserburgen, die im Odenwalde zu den Seltenheiten gehören, ein erhöhtes Interesse erheischen.
In den Jahren 1890 und 1893 wurden im Auftrage des historischen Vereins für Hessen im Verbindung mit dem Odenwaldklub auf dem Burggelände durch Herrn Bezirksfeldwebel H. Gries zu Heppenheim Ausgrabungen vorgenommen, denen ich des öfteren beiwohnte. Da noch nirgends eine Abbildung der Burg aufgefunden werden konnte und auch keine Beschreibung derselben vorhanden ist, will ich versuchen, soweit dies aufgrund der mir damals gemachten Aufzeichnungen und Notizen möglich ist, sie kurz zu skizzieren.
Umgeben war die Burg Waldau von zwei konzentrischen Wallgräben von der Form einer der Kreislinie sich stark nähernden Ellipse. Nur innere Graben wurde an einigen Stellen untersucht und dessen Ränder festgestellt, so daß seine Breite ermittelt werden konnte; sie betrug oben 8 Meter. Ob die Gräben vom Ulfenbach her gefüllt wurden, der zu diesem Zweck an der Abzweigungsstelle des Zuleitungskanals mit dem Wehr versehen gewesen sein mußte, ist anzunehmen; doch bestünde auch die Möglichkeit, ihre Füllung sei selbst durch das Grundwasser erfolgt, was durch die tiefe Lage der Burg (siehe unten) wohl hätte der Fall sein können.
Über die Wallgräben führten naturgemäß Brücken. Während die Lage derjenige des äusseren Grabens nicht festgestellt wurde, konnte die über den inneren bestimmt werden. Sie befand sich im Nordosten, und ihre guterhaltenen, vielfach noch zusammengefügten Teile kamen bei der Ausgrabung zum Vorscheine; es war eine aus mächtigen Eichenbalken erbaute Bockbrücke.
Nicht direkt an den inneren Grabenrand anschließend, sondern einige Meter einwärts umgab das eigentliche Burggelände eine aus dem Material der Gegend, dem Buntsandstein, errichtete, fast kreisrunde Ringmauer. Ihre Fundamente wurden an mehreren Stellen freigelegt und zahlreiche Reste davon, darunter schwere Quadersteine mit Randbeschlag und viele, schön behauene, große Mauersteine, lagen in Mengen im inneren der Wallgräben.
Da sich das Burgtor ebenfalls im Nordosten und zwar der Brücke gegenüber befand, ist wohl als selbstverständlich anzunehmen, wenn auch seine Lage nicht mehr bestimmt werden konnte. Daß es sich an der vermuteten Stelle befand, mag aus einem hier aufgefundenen Gewölbeschlußstein, sowie aus dem Fehlen jeglicher Reste der Ringmauer dort geschlossen werden.
Über die innere Burganlage sind wir völlig im Unklaren, da es sich trotz eifrigsten Suchens mit Sonde und Spaten außer des Fundaments eines kleinen Gebäudes keinerlei Mauerwerk nachweisen lies. Es ist deshalb anzunehmen, daß die Wohn- und Wirtschaftsgebäude, die vermutlich den südlichen und westlichen Teil des inneren Burggeländes einnahmen, sämtlich aus Holzwaren, wie wir dies bei frühmittelalterlichen Burgen vielfach beobachten können.
Wie schon bemerkt, fand sich innerhalb der Ringmauer nur noch an einer Stelle Mauerwerk und zwar im Nordwesten. Dem Grundriß des guterhaltenen Fundaments nach zu urteilen handelt es sich um eine Kapelle, und namhafte Archäologen, wie Dr. Freiherr Schenk zu Schweinsberg und Professor Dr. Adamy, haben sie bei der Ausgrabung als solche bezeichnet. Die Kapelle hatte genau west-östliche Ausrichtung mit im Osten gelegenen Apsis. Das Fundament des Schiffes bildete ein Rechteck von 7,50 Meter äußerer Länge und 6,30 Meter äußerer Breite, während die Dicke des Mauerwerks an 3 Seiten 0,94 Meter und an der Chorseite 0,85 Meter betrug. Die halbkreisförmige Apsis besaß einen Radius von 2,50 Meter. Die nach Süden gelegene Schiffseite war an dem nach dem Chor gerichteten Ende durch Mauerwerk verstärkt. Einerseits die verhältnismäßig dicken Grundmauern, sowie andererseits die eben erwähnte Verstärkung, die wohl eine Außentreppe getragen haben mag, lassen die Vermutung aufkommen, daß das Schiff der Kapelle das untere Stockwerk eines turmähnlichen Gebäudes gebildet haben mag, welches als eine Art Wachturm die Stelle des Bergfrieds vertreten hätte. Bemerkt sei hierbei, daß sich genanntes Fundament noch unversehrt an Ort und Stelle befindet, jedoch nach Beendigung der Ausgrabungsarbeiten wieder mit Erde überdeckt wurde.
Die gesamte innere Burganlage ruhte auf einer 1 Meter dicken, rötlichen, lettenartigen, außerordentlich harten, dem heutigen Beton nicht unähnlichen Gußmasse, die sich bei den Ausgrabungen nur sehr schwer mit dem Pickel durchbrechen ließ. Sie hatte wohl die Aufgabe, das Grundwasser abzuhalten und den darauf errichteten Gebäuden als Fundament zu dienen. Wo diese Schicht durchbrochen wurde, trat sofort das Grundwasser quellenartig hervor, in allen Fällen einen feinen Sand mit sich führend. Diese Erscheinung zeigt, daß die Fundamentschicht wenigstens teilweise unter dem gewöhnlichen Wasserspiegel lag, liefert uns aber auch zugleich den Beweis für die außerordentlich schlechte Beschaffenheit des aus losem Schwemmsand bestehenden Untergrundes. Der soeben erwähnte Umstand gibt zu der Vermutung Veranlassung, daß die Burg auf einem Pfahlrost erbaut gewesen sein müsse, obgleich das Vorhandensein eines Solchen bei der Ausgrabung nirgends festgestellt werden konnte.
Über die Zerstörung der Burg Waldau ist nichts bekannt. Nach einer bis jetzt urkundlich allerdings noch nicht nachgewiesenen ist diese in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zu setzen. Dagegen können wir uns vielleicht über die Art und Weise ihrer Vernichtung ein Bild entwerfen und zwar aufgrund einiger bei der Ausgrabung gemachten Funde und Beobachtungen.
So lagen z.B. in dem inneren Wallgraben neben Bruchstücken von Tongefäßen, einem Hufeisen und mehreren eisernen Nägeln: viele schwere Bauhölzer und Bretter, zwei geschnitzte Holzkugeln von der Größe eines Apfels, ein hölzerner Schlegel, in dem noch ein Stück des abgebrochenen Stiels steckte, ein Stück einer Radfelge und 20 cm lange, eichene Holznägel, und da alle diese aufgefundenen Holzteile starke Brandpuren aufwiesen, so mag die Annahme berechtigt sein, daß die Zerstörung der Burg durch Feuer erfolgt sei.
Allem Anschein nach handelt es sich hierbei jedoch nicht um eine zufällige Feuersbrunst, sondern offenbar um einen gelegentlich einer Belagerung oder Erstürmung der Burg durch den Feind hervorgerufenen Brand, und wir stützen uns bei dieser Vermutung auf folgende Beobachtung:
Bei der Ausgrabung kam eine auffallend große Menge Birken-, Hasel- und Erlenstauden und Reißer die sich an der Rinde und einigen guterhaltenen Blättern als solche bestimmen ließen, zum Vorscheine und zwar im inneren Wallgraben an der Stelle der Brücke. Damals anwesende Sachverständige glaubten, diese Büsche möchten einst auf dem Burgwall zwischen dem inneren Graben und der Ringmauer gestanden haben und zufällig in den Graben gekommen sein. Letztem widerspricht zudem einmal die große Menge des dort gefundenen Holzes, sodann aber besonders die offensichtliche, ziemlich regelmäßige, schichtweise Lagerung desselben.
Auch eine weitere, damals zum Ausdruck gebrachte Vermutung, das Holz sei vielleicht in Form von Wellen in den Graben versenkt worden, um einen Übergang zu schaffen während der Zeit , da die Brücke nicht passierbar war, halte ich für verfehlt. Der angeführte Fall kann doch sicher nur sehr selten eingetreten sein, etwa wenn die Brücke schadhaft geworden war und ausgebessert werden mußte.
Nach ihrer Instandsetzung sorgte man gewiß für rasche Entfernung des Holzes da ja sonst der Graben, abgesehen von seiner viel schlechteren Überschreitung, seiner Funktion, die Burg zu schützen, beraubt gewesen wäre. Da aber die Reiser bei der Ausgrabung an der Stelle der Brücke noch lagen, müßte der vorerwähnte Fall bei der Zerstörung der Burg gerade vorgelegen haben, was wohl schwerlich anzunehmen ist oder als ein seltener Zufall betrachtet werden müßte.
Auch die Annahme, das Holz möchte erst später, etwa zur Herstellung eines Übergangs, in den Graben gekommen sein, widerlegt sich von selbst dadurch, daß auf den Reisern die angebrannten Brückenteile lagerten und zwar in solch unregelmäßiger weise, daß von einer späteren Anlage zum Zweck, den Graben an diese Stelle zu überschreiten, durchaus keine Rede sein kann.
Die Sachlage scheint meiner Ansicht nach darauf hinzuweisen, daß die Burg in einem feindlichen Angriff zum Opfer gefallen sei, Um an ds Tor heran zu kommen, war die Überschreitung des Wallgrabens erforderlich, der zu diesem Zweck, du zwar mit Hilfe der sogenannten „Katze“, eines auf Rollen laufenden, überdachten Gerüstes, an der zum Übergang ausersehene Stellen mit Wellenreisern ausgefüllt wurde, und dieser Fall scheint hier vorzuliegen. Für die Vermutung einer gewaltsamen Zerstörung sprechen besonders auch die 15, an der Stelle der Brücke im Schlamm der Grabensohle gefundenen, 12-15 cm dicken Steinkugeln, die unzweifelhaft als Geschosse angesehen werden müssen, wie sin in damaliger Zeit von den Schleudermaschinen, den sogenannten „Bliden“, gegen die Tore und Mauern geschleudert wurden, um diese zum Fall zu bringen.
Über den Erbauer der Burg Waldau ist urkundlich nichts bekannt, und auch über das Geschlecht der v. Waldau befinden wir uns sehr im Unklaren. Nur in einer einzigen bis jetzt aufgefundenen Urkunde (dahl, das Kloster Lorsch, II. Teil, G. 108) tritt ein Angehöriger dieses Geschlechts auf. In der angeführten Urkunde handelt es sich um Irrungen zwischen dem Kloster Lorsch und einem gewissen Berthold v. Waldau wegen einiger Güter zu Heppenheim und Bensheim. In fraglicher Angelegenheit entschied im Jahre 1255 als päpstlicher Richter der Domdechant Johann von Mainz, dass Berthold von Waldau 10 Morgen Ackerland zu Heppenheim dem Kloster Lorsch zu Nutz und Eigentum auf ewig übergeben solle und von den Gütern zu Bensheim er und seine Erben jährlich 5 Malter Korn an jenes zu liefern hätten und falls solches unterbliebe, sollen die Güter dem Kloster verfallen sein
Ein is jetzt noch gänzlich unaufgeklärter Zusammenhang bestand einst zwischen dem Geschlecht der v. Waldau und dem von Freienstein, dessen Bug bei Gammelsbach im. Odw. Stand, insofern, als das Freiensteiner Gebiet stets als Waldbauer Lehen bezeichnet wird, wie es schon im Lehensalbuch des Schenken zu Erbach vom Jahre 1380 geschieht (Simon, die Dynasten von Erbach, Seite 108, Anhg. 1=. Eine allerdings sehr schwache Bestätigung dieses Zusammenhangs kann vielleicht in dem Umstande erblickt werden, daß die Freiensteiner sowohl im Odenwalde wie auch an der Bergstraße begütert waren. Dementsprechend werden mitunter die Zerstörung Waldaus und die Erbauung der Burg Freienstein gegenseitig in Verbindung gebracht, ja erstere sogar als eine Burg der Freiensteiner bezeichnet (siehe „Volk und Scholle“ Jahrg. 6, 6, S. 165).
Auf jeden Fall bleibt diese Frage vorderhand ungeklärt, doch geben wir der Hoffnung Raum, es möchten sich im Laufe der Zeit weitere Urkunden finden, die dieses Dunkel aufzuhellen imstande sind.
Erhaltungszustand
Von der Burg ist heute obertägig nichts mehr zu sehen. Vor dem Standort der Tiefburg erinnert eine Infotafel des Geopark Bergstrasse an die Anlage.
An die ehemalige Kleinburg erinnert heute das Hotel Burg Waldau in Wahlen. Auf einer Innenwand im Schankraum des Hotels ist ein fiktives Bild der Burg Waldau aufgemalt. Ein weiteres befand sich auf der Aussenwand des Hotels, ist aber durch einen hinzugefügten Anbau nicht mehr sichtbar.
Quellen
@ Quartalsblätter des Historischen Vereins 1894, NF 1 LV: 29, 103 (1980/7) 125, 156.