www.Morr-Siedelsbrunn.de
www.Morr-Siedelsbrunn.de
Zum Gedenken an Hans Morr

Stollen in der Südwestpfalz (in Arbeit)

In der Südwestpfalz existieren hunderte von Stollen im Buntsandstein, welche zum Teil schon im Mittelalter aufgefahren wurden. Damals hat man sie angelegt um Eisenerz Untertage abzubauen. Die heute noch bedeutenden Firmen De Dietrich und Gienanth haben Ihren Ursprung in der Region, nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Erstgenannte in Jägerthal (F) und Gienanth in Schönau. Sie verhütteten die Erze in oben genannten Orten und verarbeiteten das so gewonnene Eisen zu Gebrauchsgegenständen und Waffen. 

 

Die Nationalsozialisten bauten ab 1936 im Rahmen des Westwallbaus bestehende Stollen umfangreich aus oder legten neue an. Der Vortrieb erfolgte mit Pressluftwerkzeugen. Auf Sprengungen wurde wegen der druckbedingten Deckgesteinslockerung möglichst verzichtet. 

Dort wo das Gestein tragfähig war unterließ man teure Ausbetonieren der Röhren. War das Steinmaterial jedoch nicht standfest, musste die jeweilige Anlagen aufwändig ausbetoniert werden.

 

Über die konkrete Nutzung der zum Teil großen unterirdischen Systeme ist relativ wenig überliefert. In erster Linie waren die beschußsicheren Anlagen als Lager für Sperrhindernisse, Pioniergerät, Waffen, Munition und Verpflegung / Nachschub für die Westwalltruppen vorgesehen. Andere als Sanitätsstand, Werkstatt und zur sicheren Unterbringung von Stäben und Truppen. Die überwiegende Anzahl der Stollen befindet sich daher in der Nähe des Westwalls.

Unmaßstäbliches Grundrißschema eines Stollensystems

Legende zu obigem Bild

A und B  = Ein- bzw. Ausgänge

C = Büro bzw. Aufenthaltsraum

Blaue Linien = Zugangs- bzw. Segmenttüren (optional bei US Ausbau)

F = Fangwand für bei A oder B eindringende Projektile oder Splitter

N = Vertiker Notausgangsschacht zur Erdoberfläche

Die Stollen hatten in der Regel einen langrechteckigen Grundriss. In der Regel waren zwei Zuggänge versetzte vorhanden. Diese doppelte Anordnung war dem Notfall geschuldet. Sollte einer der Zugangsstollen durch (feindliche) Waffenwirkung unpassierbar werden, so konnte der intakte Gang noch benutzt werden. Ein positiver Nebeneffekt mehrerer Zugänge war die mögliche Bewetterung bei geöffneten Türen.

 

Die Eingangsstollen waren im weiteren Verlauf zweimal um 90° Winkel abgeknickt. Somit konnte ein direkter Beschuss oder Splitter in die Eingangsöffnung nicht ins Anlagenzentrum vordringen sondern verfing sich in der hinteren Deckwand.

 

Die Abmessungen der bekannten, minierten Anlagen variieren stark. Die Zugangs- und Querverbindungsstollen sind etwa 2 Meter breit und 3 Meter hoch. Die Lagerstollen haben Abmessungen von bis zu 10 Metern Breite und Höhen bis 5 Meter. Je nach vorgesehener Nutzung. Lichtstrom konnte ich in den Wehrmachtsanlagen bis dato nicht nachweisen.

 

In einigen Anlagen wurden auch seitlich befindliche, nach oben zur Erdoberfläche führende Notausstiege angelegt. Deren Öffnungsluke war nur von Innen entriegelbar. 

Sämtliche Zugänge wurden mittels Eisentüren verschlossen und sporadisch bewacht. 

 

Als geringste Erdüberdeckung in tragendem Gestein nahm man 6 Meter an. Nach dem damaligen Stand der Waffentechnik sollten gegnerische Granaten bei Einzeltreffern nicht in der Lage sein darunter liegende Hohlräume zu zerstören.

 

Die relativ niedrige Temperatur und oft hohe Feuchtigkeit in den Gewölben war sicherlich für Mensch und Material eine Herausforderung.

 

Bedingt durch die schnell verlaufenden Feldzüge gegen Polen und Frankreich wurde ab 1940 der Stollenbau eingestellt. Sofern die Ausbauten weit fortgeschritten waren wurden Anlagen noch bis in den Krieg hinein fertiggestellt. An Stollen mit geringem Arbeitsfortschritt wurde nicht mehr weiter gearbeitet. Deren Zugänge hat man verfüllt, die Anlagen wurden somit unzugänglich. 

 

Zum Ende des Kriegs hin hatten die hiesigen Stollensystemen wegen der allgemeinen Materialknappheit keinen militärischen Nutzen mehr. Außerdem drangen die Alliierten so schnell Richtung Reich vor, dass eine umfängliche Wiederarmierung des Westwalls zeitlich nicht mehr möglich war.

 

Zivilisten, welche in der Nähe der leeren Stollen wohnten, nutzten diese ab Herbst 1944 bis zum Kriegsende um sich und das Vieh vor feindlichen Bomben und Granaten in Sicherheit zu bringen. So "wohnten" ganze Ortsgemeinschaften wochenlang in den feuchten Anlagen. Verlassen wurden diese nur bei Dunkelheit oder schlechter Witterung.

 

Nach dem für Deutschland verlorenen 2. Weltkrieg wurden mehrere Anlagen von den amerikanischen Besatzern requiriert und weiter ausgebaut. Sie statteten die unterirdischen Systeme vornehmlich mit Strom, Betonauskleidung, mit Stapler befahrbarem Fußboden, Heizung und Lüftung aus. Wie vormals die deutschen Militärs nutzten die Amis die unterirdischen Bauwerke als beschusssichere Kommandostellen, Läger, Magazine und Werkstätten.

In keiner durch die Amerikaner ausgebauten Stollen fand ich eine Latrine. Dies ist als Hinweis zu sehen, dass sich Personal nur kurzzeitig in den Anlagen aufgehalten hat.

 

Nach Rückgabe der Immobilien an den deutschen Staat, ab 1990, wurden einige der Stollen nochmals kurzzeitig von der Bundeswehr belegt.

Nach deren Abzug wurden die Systeme zurückgebaut. Beleuchtung, Kommunikationssysteme  und Lüftungsanlagen wurden entfernt. Im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherung hat man dann sämtliche Zugänge entweder übererdet oder mit einem Eisengitter bzw. einer Stahltür mit Fledermausschlitz verschlossen. Fledermäuse nutzen zur Überwinterung allerdings nur die relativ feuchten Stollen, jedoch nicht die relativ trockenen und ausbetonierten Anlagen. Das Mikroklima in diesen ist für Fledermäuse ungeeignet.

 

Um die Anlageneingänge im Gelände zu tarnen wurden neuzeitlich an einigen Systemen die Zugänge mit ca. 3 Meter langen Betonröhren nach außen hin verlängert. Die Innendurchmesser der Röhren sind so bemessen, dass sie für erwachsene Menschen nur auf allen vieren kriechend zu passieren sind. Durch die Übererdung der Röhren bleiben von den unterirdischen Anlagen nur noch die Rohröffnungen am Hang sichtbar.

"Getarnter" Zugang zu einem Stolleneingang
Druckversion | Sitemap
© Hans-Günther und Jürgen Morr