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Zum Gedenken an Hans Morr

Wasgenwaldbahn

Seite 4

Unterbau und Gleis

An verschiedenen Stellen konnte der Unterbau der Bahntrasse vermessen werden. Hier als Beispiel bei Streckenkilometer 5,3. Dort ist der Damm im Wald gut erhalten. Er besteht aus sandigem Verwitterungsboden, wie er vor Ort ansteht.

 

Nach dem Herstellen des vorgeschriebenen Erddamms haben die Bauarbeiter parallel zum Damm auf der Dammkrone in lichtem Abstand von ca. 1,2 Meter unbearbeitete Sandsteine ohne Mörtel in den Damm eingestellt. Es ergab sich somit einen Zwischenraum, welcher mit Basaltschotter aufgefüllt wurde. Die Sandsteine hatten die Aufgabe, das Auseinanderfließen des Schotters zu erschweren. In Einschnitten wurden jedoch keine eingestellten Sandsteine gefunden.

Der verwendete Basaltbruch hatte Korngrößen von etwa 1 bis 50 mm.

Das bedeutet, es wurde nur mit 50 mm gesiebt. Alles was kleiner war fiel durch das Sieb und wurde im Unterbau verbaut. Der Schotter stammt aus den mittlerweile stillgelegten Basaltbrüchen 2 km westlich von Forst an der Weinstraße.

Zum Vergleich: Die Körnung des heute verwendeten Gleisschotters liegt zw. 30,5 und 63mm. Der Schottereinbau stellt hier eine Besonderheit dar. Bei Feldbahnen wurde normalerweise nicht geschottert. 

 

Ein Schottertransport an die Verwendungsstelle mittels Ochsenkarren, wie in mancher Literatur nachzulesen ist, dürfte recht unwahrscheinlich sein. Der Schotter wurde sicherlich mit der Bahn bis Bundenthal befördert, dort umgeladen und dann im Vorschubbau auf dem neuen, befahrbaren Schmalspurgleis zur Verwendungsstelle transportiert. So wie anderes Bau- und Gleismaterial auch.

Vom Überschotter befreiter Unterbau. Deutlich sind die beiden parallelen Sandsteinreihen zu erkennen. Links der bergseitige Entwässerungsgraben.

 

Auf den planierten Schotter wurden im Abstand von 75 cm die Holzschwellen gelegt. Die 75 cm sind angenommen, aber bei Schmalspurbahnen ein gebräuchliches Maß. Die Schwellen müssen kürzer als 1,2 Meter gewesens sein, sonst wären sie mit den Enden auf den Sandsteinreihen zur Auflage gekommen. Dies hätte eine punktuelle Bodenbelastung ergeben, bzw. durch eventuell unterschiedliche Setzung der Sandsteine zum Verzug der Schienen geführt.

Hiernach wurden die Schienen auf den Schwellen befestigt. Dass dies (auch) mit Schienennägeln erfolgte, ist durch den Fund eines Schienennages bei Streckenkilometer 12,4 belegt.

Danach wurden die Zwischenräume der Schwellen und die beiden Kopfseiten mit Schotter angefüllt und gestopft. Diese Art des Gleisbaus war die einfachste und kostengünstigste Variante. Sie konnte nur bei langsam fahrenden Kleinbahnen angewendet werden.

 

Rechts im Bild das ehem. Sägewerk Kern in Bundenthal

Herr Manfred Seibel (ehem. Schuh-fabrikant aus Bundenthal) berichtet, dass Bahnschwellen und sonstige, für den Bau der Wasgenwaldbahn erforderliche Schnitthölzer (Holzbrücke im Brauntal ?) vom Sägewerk Kern in Bundenthal geliefert wurden.

Das Sägewerk lag für den Bahnbau günstig am Kopfende der Wieslauter-strecke. Das Sägewerk existiert nicht mehr. Das Areal auf dem es sich befand ist heute von einem Netto-Einkaufsmarkt überbaut.

 

Obige Skizze zeigt den Gleisunterbau in der Schnittansicht. Maße in cm.

Legende zu obiger Skizze

1 = Sand / Erde

2 = Gleisschotter

3 = Lese-Sandstein

4 = Holzschwelle (Rekonstruktion, nicht mehr vorhanden)

5 = Genagelte Violschiene S20 (Rekonstruktion, nicht mehr vorhanden)

 

Mehrere Kleineisenfunden im ehemaligen Bahnhofsareal "Wasserscheide" lassen dort auch auf eine Gleisausführung mit metallischen Kastenschwellen und Klemmstücken schließen. Eine Erklärung hierfür konnte sein, dass die Bahnstrecke 1921 mit Holzschwellen erbaut wurde, bei der Erweiterung der Bahnanlage 1926 mit Lade- und Umfahrungsgleis anstelle von hölzernen Schwellen aber Metallschwellen mit Klemmeisen verwendet wurden. 

Schienenbefestigung mit Klemmeisen auf Kastenschwelle

Höhendiagramm der Strecke

Das steilste Teilstück der Strecke befand sich zwischen Bundenthal und der Wasserscheide. Hier hatte die Bahn eine Steigung von stellenweise 10 % zu bewältigen. Normalerweise werden Bahnlinien <= 4 % Steigung ausgelegt. Bei über 4 % spricht man von einer Steilstrecke. Es ist somit nicht verwunderlich, dass Passagiere (der 3. Klasse) bei  entsprechender Zuglast aussteigen und schieben mußten.

 

Das folgende Diagramm zeigt die Geländehöhe über der Fahrstrecke. Links Bundenthal, am rechten Diagrammrand Ludwigswinkel.

Die Daten wurden mit einem GARMIN Navigationsgerät beim Abwandern der Strecke aufgenommen. Spitzen wurden manuell geglättet. Für nicht mehr existierende Bahnabschnitte wurden Werte interpoliert (Fischbach Ortsmitte).

Höhe über km

Sonstige "Überbleibsel" der Kleinbahn 

Fast 100 Jahre nach Aufgabe und Rückbau der Bahn finden sich, außer den oben beschriebenen Gebäuden, nur noch wenige Reste der Wasgenwaldbahn. Schließlich wurde der Oberbau planmäßig demontiert und an anderer Stelle verwertet.

Auch für den Westwallbau, und überhaupt nach dem 2. Weltkrieg, war jedes Stück Metall sehr gesucht. Meist sind es Gleisreste, welche an einem Garten als Zaunpfosten verbaut wurden. Und bei der Bahn-Demontage vergessenes Material dürfte auch beim Wiederaufbau nach den großen Kriegszerstörungen 1945 in Gebäuden in Zweitverwendung verschwunden sein.

Bauleitung der Wasgenwaldbahn

Regierungsbaumeister Sturm Kegel, geboren am 17. Dezember 1892 ín Wehlheiden, verstorben am 13. Januar 1979 in Essen. Herr Kegel arbeitete in dieser Angelegenheit von 1923 bis 1926 in der eigens hierfür errichteten Außenstelle des Reichsneubauamts Ludwigswinkel.

Schnitt von Flächen und deren Vergütung

Durch den Bahnbau wurden ca. 900 Parzellen Acker- und Weideland, Gärten und Waldflächen durchschnitten. Die Eigentümer wurden überwiegend zur Übergabe des Grundbesitzes gezwungen. Die Entschädigungszahlungen waren gering und in der damaligen Inflationszeit quasi wertlos.

Personalbedarf

Die Bahnakten nennen für Zugbetrieb und Streckenwartung folgende Personenzahl:

  Erf. Personalzahl bei Zugpaaren/Tag
Personal-Art 3  Paare 4 Paare
Lokführer 2

3

Reservelokführer  1

1

Heizer 2 3
Zugbegleiter 6 ?
Bahnarbeiter 8  
Vorarbeiter 1  
Summe 20  

 

Rollendes Material

Brigadelokomotive mit Kobelschornstein wie sie bei der Wasgenwaldbahn im Einsatz war.

 

Der Einsatz folgender Fahrzeuge ist verbrieft:

 

Zugmaschinen

3 Stück vierachsige Brigadelokomotiven aus Beständen des Deutschen Heeres. Davon eine Lok als Reserve.

(Anmerkung: In manchen Quellen werden 6 Stück zeitgleich in Betrieb befindliche Lokomotiven erwähnt. Diese Anzahl ist zu hoch angesetzt. Es könnte sich hierbei um Ersatz für ausgefallene Maschinen handeln, welche oben mitgezählt wurden).

3 Stück Dreikuppler Loks

(Anmerkung: Leider sind bis dato keine Seriennummern der Lokomotiven bekannt)

 

Waggons für Materialtransporte

12 Stück offene, vierachsige Brigadewagen

25 Stück vierachsige Langholzwagen

50 Stück Kippwagen (Anmerkung: Die hohe Stückzahl verwundert, denn es ist nicht nachvollziehbar, wofür so viele Kippwagen nach dem Lager- und Bahnbau benötigt wurden. Es könnte sich um von den Franzosen vor dem Lagerbau des CdL requirierte Wagen handeln, welche dann- ohne wirklich gebraucht zu werden- auf Abstellgleisen standen und mitgezählt wurden).

2 Stück Wasserwagen

 

Waggons für Personentransporte (ab 1926)

6  Stück dreifenstrige Drehschemelwagen von der Heeresfeldbahn, davon ein Salonwagen, ausgestattet mit Ofenheizung und Petroleumbeleuchtung

2 Stück gedeckte Wagen für Post, Gepäck und Sperrgut.

Zu Geschwindigkeit und Fahrdauer

Die Kleinlokomotiven für die 60 cm Schmalspur waren in der Regel für 25 km/h Höchstgeschwindigkeit zugelassen, sofern sie über Vollachsen verfügten. War dies nicht der Fall, betrug die zulässige Höchstgeschwindigkeit 15 km/h.

 

Die alten Fahrpläne nennen eine Fahrzeit von knapp 60 Minuten für die Strecke von 14,4 km. Da maximal an 11 Stellen gehalten wurde, wäre die Gesamtstrecke für eine Lok mit einer  Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h in einer Stunde nicht zu bewältigen gewesen. 

Ausgehend von insgesamt 10 Minuten Halt müßte die Lok mit durchschnittlich 17,4 km/h unterwegs gewesen sein. An Steigungen langsamer, bergab entsprechend schneller. Somit müssen die Lokomotiven schon mit Vollachsen ausgestattet gewesen sein.

Angefallene Kosten für den Bau der Kleinbahn

Position Reichsmark
Bauleistung 2.941.656,34
Einmalige Ergänzungsarbeiten 57.277,01
Streckenfernsprechleitung 5.000,00
Dienstwohngebäude Bundenthal 16.000,00
Ausbau der Betriebswerkstatt und des Betriebsgebäudes 6.500,00
Ausgaben für rollendes Material 68.928,74
Grunderwerbskosten für 185.271 qm 177.512,93
Summe 3.272.875,02

Für den Bau der Wasgenwaldbahn wurden vom Deutschen Reich demnach in Summe 3.272.875,02 Reichsmark aufgewendet.

Beförderte Personen und transportierte Fracht

Jahr Personen Fracht (To.) Bemerkung
1924/25 15.000 8.000  
1925/26 33.000 6.000  
1926/27 45.000 8.624  
1927/28 50.000 15.373  
1928/29 34.000 3.931 Wirtschaftskrise
1929/30 ca. 40.000 ca. 11.000  

Einstellung des Betriebs / Stillegung / Verwertung

Schon im Jahr 1925 machte man sich von Regierungsseite aus Gedanken, was nach der geplanten Räumung des Franzosenlagers "Camp de Ludwigswinkel" im Jahr 1935 mit der Kleinbahn geschehen solle. Durch die Schließung des Franzosenlagers war ein drastischer Einbruch bei der Bahnauslastung vorhersehbar. Und schon vor Inbetriebnahe der Bahn, im Jahr 1922, entwickelte sich der Gütertransport mit LKW positiv. Die LKW - Fahrer nahmen auch zunehmend Privatpersonen auf ihren Touren mit, welche der Bahn dann als Kunden fehlten. Die Zeichen standen nicht gut für die kleine Bahn, zumal die Franzosen dann auch noch 5 Jahre früher als ursprünglich geplant ihr Lager verließen.

Befürworter des Weiterbetriebs argumentierten mit der Ansiedlung neuer Industrieen entlang der Strecke und steigendem Personenverkehr durch Touristen. Auch eine Privatisierung der Bahnanlage wurde in Erwägung gezogen. Letztendlich entschieden, wie fast immer, die Zahlen. Niemand war bereit, einen defizitären Betrieb am Leben zu halten. Somit wurde der Bahnbetrieb incl. dem am 10. Mai 1926 begonnen Privatpersonentransport zum 31. Oktober 1930 vom Bayerischen Staatsministerium nach nur 8 Jahren Betrieb eingestellt.

 

In diesem Zusammenhang muß auch beachtet werden, dass die Bahn ursprünglich als Feld- bzw. Materialbahn erbaut wurde und nie den Status einer Staatsbahn inne hatte. Die Entscheider ware sich wohl auch darüber im Klaren, dass die kleine "Rüttelbahn" den künftig steigenden Komforterwartungen der Passagiere nie werde entsprechen können.

 

Für den Personentransport wurde ab dem Datum eine Buslinie eingerichtet.

 

Originaldokumente zur Betriebseinstellung.

Nach beschlossener Beriebseinstellung der Wasgenwaldbahn wurden mit verschiedenen Firmen Verhandlungen aufgenommen, um die Bahn in Gänze zu verwerten. Zu den Interessenten gehörte die "Ostdeutsche Bahn- und Transportgeräteindustrie Breslau". In vorliegenden Akten erwähnt diese Firma einen möglichen Käufer "im Ausland", welcher eine Feldbahn samt 10 km Gleisen sucht.

Wahrscheinlich wurden alle nicht ortsfesten Bestandteile der Bahn an die Firma in Breslau verkauft, was jedoch noch zu prüfen ist. 

Hiernach verlieren sich die Spuren der Bahn. Angeblich sollen Lokomotiven in die Schweiz verkauft worden sein, welche später auch dort abgewrackt wurden. Auch dies bedarf noch der endgültigen Klärung.

 

Den ehemaligen Angestellten der Wasgenbahn wurde eine Übernahme in die Deutsche Reichsbahn angeboten. Laut M. Seibel wurde dieses Angebot von einem Teil der ehemaligen Wasgenwaldbahn-Beschäftigten in Anspruch genommen.

 

Alte Anwohner berichten, dass man noch um 1950 vereinzelt Schwellen und Schienen der Wasgenwaldbahn "in entlegenen Ecken" finden konnte.

Briefkopf des (wahrscheinlichen) Käufers der Wasgenwaldbahn

 

Kosten und Erlöse für die Verwertung der Bahn, Stand 1930

Kosten

Position Reichsmark
Gleisabrüstung 6.500,00
Streckenabrüstung 13.500,00
Bahnkörperabrüstung 5.000,00
Summe 25.000,00

 

Erlöse

Position Reichsmark
Grundstücke ca. 100.000,00
Gebäude u. Einrichtungen 30.000,00
Gleisbettung und Baustoffe 20.000,00
Gleise, Weichen, Telefon 50.000,00
Rollendes Material und Geräte 20.000,00
Summe 220.000,00

 

Der errechnete Reinerlös für die Verwertung der Wasgenwadbahn bezifferte sich somit auf 195.000 Reichsmark.

 

Das Deutsche Reich hat demnach durch den Bahnbau 3.077.875,02 Reichsmark verloren.

Quellen

@ Bundesarchiv Berlin

@ Karl Unold, ehem. Dorfschullehrer in Petersbächel

@ Stadtarchiv Dahn

@ Otto Fröhlich, Bundenthal

@ LA Speyer

@ BLA München

@ Ruth Andrae-Frick "Kindheit im Wasgau"

@ Manfred Seibel, Bundenthal

@ Gerd Wolff (Dipl-Ing.)

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