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Zum Gedenken an Hans Morr

Wie die Tonbandproduktion in den Überwald kam

 

Bericht aus den Weinheimer Nachrichten / Odenwälder Zeitung  vom 02.04.2005 (Danke an Hari Baumann).

 

Wald-Michelbach. (kko) Zahlreiche Überwälder fanden sich am Donnerstagabend zur Eröffnung der Sonderausstellung „Vor 60 Jahren: BASF produzierte Tonbänder im Überwald“ im Überwälder Heimatmuseum ein. Die Organisatoren freuten sich auch besonders über den Besuch von Bernd Kießling und einigen Kollegen vom wissenschaftlichen Dienst des Landesmuseums für Technik und Arbeit in Mannheim, das für die Ausstellung einige Exponate zur Verfügung stellte.

 

Hans Karl vom Überwälder Museums- und Kulturverein begrüßte besonders die Mitglieder des Arbeitskreises „Magnetband“ des Volkshochschul-Fördervereins Überwald. Sein Dank galt auch Friedrich Karl Engel aus Auerbach, einem langjährigen BASF-Mitarbeiter, der in einem Kurzreferat auf die Geschichte des Magnetbandes einging, und Dr. Hansjörg Bipp, dem Vorsitzenden des historischen Vereines Limburgerhof, der ebenfalls einige Exponate zur Verfügung stellte. Ohne das umfangreiche Wissen und die guten Verbindungen von Wolfgang Schnurstein aus Abtsteinach, auch ehemaliger Mitarbeiter der BASF, hätte die Ausstellung nicht realisiert werden können, fügte Karl an.

 

„Die Frage, wie das Tonband in den Überwald kam, kann ich letztlich auch nicht genau beantworten“, gestand Engel in seinem Referat, in dem er viele interessante Details über die Entwicklung des Tonbandes während des Zweiten Weltkrieges und in den Jahren danach verriet.

 

Die BASF habe in Kooperation mit AEG in den Jahren 1932/33 eine nicht produktonsreife Erfindung zum Magnetophon entwickelt. Das Konzept sei 1935 auf der Funkausstellung in Berlin vorgestellt worden. Während der Umsatz bis 1938 „dahingedümpelt“ sei, sei er in den folgenden Jahren steil angestiegen, da die Reichsrundfunkgesellschaft ihre Schallspeicher um das Magnetophon erweitert und die Wehrmacht damit begonnen habe,  „Tonschreiber anzuschaffen. Mit Kriegsausbruch habe sie ihre Bestellmenge verzehnfacht.

 

Daraufhin sei die Produktion von Magneto-phonbändern in Ludwigshafen im Eilschritt vergrößert worden. Dies habe aber zu einer Produktionskrise geführt, die sich 1941 ab-gezeichnet habe und 1942 voll ausgebrochen sei. Durch die Entdeckung der Hochfrequenzvormagnetisierung habe sich ein dramatischer Qualitätsanstieg und damit ver-bunden eine weitere Nachfrage-Steigerung ergeben.

 

Direktor Dr. Karl Pflaumer, Hauptverantwortlicher bei der BASF für Magnetophonband nach außen, habe daraufhin eine Arbeitsgruppe zur Behebung der Krise einberufen, der auch Dr. Rudolf Robl angehörte. Robl sei es in akribischer Detektivarbeit gelungen, die Hauptursachen zu finden. So sei die Krise bis Juli 1943 überwunden gewesen.

 

Dr. Hans Fikentscher und Heinrich Jacqué hätten aus PVC, damals „Igelit“ genannt, eine glasklare, sehr schmiegsame und reißfeste Folie entwickelt, die ab 1940 auf einer einzigen hochpräzisen Maschine in Ludwigshafen gefertigt worden sei. Nach Überwindung der Krise habe Robl den Auftrag erhalten, auf Basis dieser Folie ein Magnetophonband zu entwickeln, das moderne Schicht-Magnetband, das 50 Jahre fast unverändert produziert worden sei.

 

Durch eine Explosion sei die Magnetophonband-Fabrik in Ludwigshafen am 29. Juli 1943 völlig zerstört worden. Wegen der immer heftiger werdenden Bombenangriffe auf Ludwigshafen seien Auslagerungen angeordnet worden. Vermutlich durch die Ortskenntnis von Dr. Pflaumer, der in Hartenrod ein Haus besessen haben soll, sei die Fabrik nach Aschbach ausgelagert worden. Im Saal des Gasthauses Zum Odenwald sei die Produktion 1944 angelaufen, Produktionsleiter sei Friedrich Matthias gewesen. Nach und nach seien auch ortsansässige Kräfte hinzugekommen. Hier erinnerte er an Otto Vondano und Georg Metz, die später auch in Ludwigshafen arbeiteten. Im Oktober 1944 sei Robl mit fünf Mitarbeitern nach Aschbach gekommen, um dort in einem Nebenraum der Lkw-Garage der Kartonagenfabrik Koch die erste funktionsfähige Produktionsmaschine für modernes Schichtband aufzubauen.

 

Fertigungsbeginn sei Februar 1945 gewesen. Mit Handkarren sei das in Blöcken à 1000 Meter gefertigte Material zum Schneiden nach Wald-Michelbach gefahren worden.

 

Nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen am 28. März 1945 sei die Fabrik im April und Mai geschlossen gewesen, ab September sei Robl nach Ludwigshafen zurückgekehrt und habe 1946 dort die Produktion auf einer Maschine nach Aschbacher Vorbild fortgesetzt. Trotz schwieriger Produktionsbedingungen sei in Aschbach durchaus zufriedenstellende Qualität gefertigt worden.

 

1948 hätten die amerikanischen Behörden beschlossen, die Wald-Michelbacher Fertigung komplett nach Gendorf zu verlegen. Dies habe erhebliche Konsequenzen für die Mitarbeiter gehabt. Damit habe die vielleicht abenteuerlichste Episode in der Geschichte des Magnetophonbandes geendet.

 

Als die BASF 1963 nach einem Standort für eine neue Tonbandfabrik suchte, habe sich Wald-Michelbach um die Wiederansiedlung beworben und sei dabei von Landrat Dr. Ekkehard Lommel unterstützt worden, habe aber dann gegen den Standort Willstätt verloren.

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© Hans-Günther und Jürgen Morr