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Zum Gedenken an Hans Morr

Keltenfest auf der Heuneburg

Hans Günther Morr

 

Das Hochplateau auf dem die Heuneburg einst errichtet wurde, liegt bei der Ortschaft Hundersingen/Herbertingen im Landkreis Sigmaringen am Südrand der Schwäbischen Alb an der oberen Donau. Die hier erbaute Höhensiedlung ist die älteste urbane Stadt nördlich der Alpen. Im 6. Jahrhundert vor Chr., als das antike Rom noch eine unbedeutende Villikation am Tiber in Mittelitalien war, erreichte die Ansiedelung ihre Blütezeit, die sich in umliegenden Gräbern mit den Eisen- Bernstein- und Goldbeigaben wiederspiegelt. Welche Bedeutung die Stadt an der oberen Donau in der Antike vor 2500 Jahren hatte, wird von dem berühmten griechischen Geschichtsschreiber Herodot von Harlikarnassos um 450 vor Chr. wie folgt beschrieben: „Der Istros (Donau) entspringt im Land der Kelten bei der Polis Pyrene und fließt mitten durch Europa“!

 

Rekonstuktion der Stadt Pyrene (Heuneburg), wie sie einmal ausgesehen haben könnte!

 

Herodot bezeichnet die städtische Ansiedlung Pyrene (Heuneburg) als Polis. Dieser Stadtbegriff stand in der Antike nur für die großen griechischen Zentren, wie Athen, Theben und Sparta. Die
Geschichtswissenschaft ist sich heute einig, dass mit der Bezeichnung „Polis Pyrene am Istros“ nur die keltische Höhensiedlung auf der Heuneburg gemeint sein kann, denn eine vergleichbare menschliche Ansiedelung gab es sonst an der oberen Donau nicht.
In der Keltenzeit um 600 vor Chr. entwickelte sich die Heuneburg mit den etwa 5000 Bewohnern zu
einem imposanten Handelszentrum. Die Lage an der schiffbaren Donau mit den damals bekannten
Handelswegen, dem Weinhandel von West nach Ost und dem Bernsteinhandel von Nord nach Süd,
begünstigte die positive Stadtentwicklung. Dazu waren die Heuneburgbewohner geschickte Handwerker, besonders in der Metallverarbeitung. Zur Zeit des noch geldfreien Tauschhandels konnten sie ihre Fertigwaren, wie z. B. Schmuck und Waffen, als Tauchmittel anbieten. Auch das Fertigen von Wollstoffen und Kleidung war weit verbreitet. Hier sei angemerkt, dass die Kelten das Fertigen von Bracken, Hosen wie wir sie heute noch kennen, erfunden hatten. Dies war eine Kleidung aus Wollgewebe und ging über die Beine bis zu den Fußgelenken. An der Hüfte befestigte man sie mit einem Gürtel. Die antike Welt im Mittelmeerraum trug damals ausschließlich kurze Röcke, Hosen kannten sie nicht.
Bereits zur Bronzezeit um 1600 vor Chr. wurde der Höhenrücken über der Donau als Siedlungsplatz
durchgehend genutzt. Aber besonders zur Keltenzeit zeigt sich die Stadt in repräsentativem Aussehen, wie am Eingang zur Vorburg mit der massiven Doppeltoranlage, oder der in der Region einmaligen umlaufenden Siedlungsmauer mit Wehrtürmen. Die überdachte Befestigungsmauer war über 7 m hoch, 3 m breit und fast 1 km lang, sie ähnelte der von Caesar beschriebenen „murus gallicus“ (Gallische Mauer), war jedoch im oberen Teil mit Ziegelmauersteinen erbaut. Welch hoher Lebensstandart sich im Gemeinwesen entwickelt hatte, zeigt sich in den Begräbnisstätten die im Umfeld gefunden wurden. 
Obwohl die Grabhügel vermutlich schon in der Antike ausgeraubt wurden, ließen sich noch bedeutende Funde bei Nachgrabungen finden. So wurden neben menschlichen Skelettresten wertvolle Beigaben, wie goldene Hals- und Armreifen, Gürtelbleche, sowie bronzene und eiserne Fibeln, teils mit Goldauflage usw. ausgegraben. Auch Keramik, Beile, Dolche, Lanzenspitzen, Eisenmesser und mehrere Bronzegefäße wurden geborgen. Die Bruchstücke von Radreifen und Pferdegeschirren weisen darauf hin, dass auch einige Gräber mit einem Kultwagen ausgestattet waren.
Die von den Heuneburgbewohnern, sowohl Handwerkern wie Bauern, genutzten Gebäude innerhalb der Burgmauern waren dicht an dicht in Fachwerkbauweise errichtet. Quer durch die Anlage führten Wege zu den Ausfalltoren. Das Leben in einem so fortifikatorisch bestens gesicherten Umfeld ist gut vorstellbar. 
Handel und Wandel konnten blühen, dieses goldene Zeitalter dauerte hier allerdings nur 250 bis 300
Jahre. Wie die Geschichte zeigt, war auch eine solch nach außen bestens geschützte Anlage vor einer Zerstörung nicht gefeit. Um 400 vor Chr. vernichtete ein Großbrand die gesamte Stadt Pyrene. Es bleibt ein Geheimnis wie dies geschehen konnte? Eine Zerstörung der stark geschützten Wehranlage von außen erscheint unwahrscheinlich. So vermutet man heute, dass es womöglich innerhalb der Machtstrukturen, vielleicht ein Aufstand gegen den Keltenfürsten, zu dieser Gewalttat kam? Seuchen, Hungersnöte oder andere Ursachen können ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Alle Bewohner verließen ihre Heimat und sie wurde auch später nicht mehr aufgebaut.

In heutiger Zeit wurde die ehemalige Stadt Pyrene auf dem Hochplateau als Freilichtmuseum wieder
teilweise nachgebaut und bietet damit einen Rückblick in die Zeit der Kelten. Von der wieder erstandenen Stadtmauer aus, hat man einen schönen Rundblick ins Donautal bis zu den schneebedeckten Alpen. In einigen wiedererrichteten Fachwerkhäusern können die Besucher sehen, wie die Hallstattzeit-Menschen gelebt und gearbeitet haben!
Einmal im Jahr findet zur Zeit ein Keltenfest auf der Heuneburg statt. Hierzu hat sich eine lose
Gesellschaft von Freunden der Antike als „Keltengruppe“ zusammen gefunden. Sie treten in keltischer
Tracht auf und vermitteln den Besuchern das Gefühl in der Hallstattzeit zu leben. In den nachgebauten
Werkshütten wird das metallverarbeitende Handwerk, die Töpfer- und Weberkunst usw. vorgeführt. Für die Hausfrauen ist die historische Küche mit den Kochvorführungen interessant. Die „keltische Köchin“, im heutigen Leben eine normale Hausfrau, zaubert Gerichte aus der Eisenzeit. Dabei kommen besondere würzige Wildkräuter, wie Gundelrebe, Bärlauch, Beifuß, Wacholder, Schafgarbe, Wegwarte, Löwenzahn usw. zum Einsatz. Hier beweist die alte Kochkunst, dass das Essen unserer Vorfahren nicht so geschmacklos war, wie im allgemeinen angenommen. Besonders schmackhaft war der Weichkäse gewürzt mit Brennesselsamen.
Die Vorführungen der Gladiatorenschule passt zwar nicht ganz in den vorgegebenen Zeitrahmen, aber aus der Geschichte ist bekannt, dass gerade keltisch-germanische Kämpfer im alten Rom zur Kampfelite gehörten.

 

Die Keltentruppe in historischen Gewändern

Abschließend kann gesagt werden, dass das Keltenfest auf der Heuneburg ein unterhaltsames und
lehrreiches Erlebnis darstellt.


Bilder aus Sgl. Morr

 

Quellen
@ Die Heuneburg, keltischer Fürstensitz an der oberen Donau.
Herausgeber: Landesamt für Denkmalpflege der Gesellschaft für Archäologie in Württemberg und
Hohenzollern; Band 28; von 2017; ISBN 978-3-942227-26-1.

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© Hans-Günther und Jürgen Morr